Die Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO) wird dafür sorgen, dass Marketer und Werber in einen neuen Dialog mit Kunden und Interessenten eintreten werden, den sie zuvor selten geführt haben.

Hände schütteln

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Mit der DSGVO müssen Unternehmen in der EU, die personenbezogene Daten für explizite Zwecke verarbeiten – wie z.B. E-Mail-Adressen, Geburtsdaten, Kreditkarten- und Bankdaten, IP-Adressen, Mobilgerätenummern und biometrische Daten – die Zustimmung der Personen, von denen diese Daten stammen einholen. Das Opt-Out-Verfahren, bei dem es den Kunden und Interessenten überlassen war, sich abzumelden kann nicht mehr angewendet werden. Es ist eine ausdrückliche Zustimmung nötig, um etwa Preisangebote zu senden oder um über Social-Media-Kanäle Kontakt aufzunehmen und einen Newsletter zu versenden. Darüber hinaus müssen Marketer nun auch darauf achten, die Zustimmung zu behalten, denn die DSGVO schreibt vor, dass Kunden und Interessenten jederzeit ihre Daten einsehen können müssen und ihre Zustimmung widerrufen können.

In den letzten Wochen und Monaten ging von den Unternehmen, die in der EU Geschäfte machen ein kollektives Aufstöhnen um die Welt. Massen-E-Mailings und Reichweitenorientierte Displaykampagnen sind tradierte und berechenbare Kommunikationskanäle. Es lohnt sich jetzt aber, ihre Wirksamkeit in Frage zu stellen. Ein wichtiger Grund für die Entscheidung der EU und anderer Länder, eine solche Gesetzgebung in Erwägung zu ziehen oder zu übernehmen, ist der wachsende Wunsch der Verbraucher nach besserer Kontrolle darüber, wie Marken digital mit ihnen in Kontakt treten. Dieser Trend wird z.B. durch die wachsende Nutzung von Ad-Blockern deutlich. Und in Zeiten von Datenlecks und gruseligem Verhalten von IOT-Gerären in Verbindung mit einem sorglosen und unverantwortlichem Datenschutzverhalten ist das Echo in der Presse deutlich zu vernehmen.

Letzten Endes zwingt die DSGVO die Marketer nun dazu, einen neuen Weg einzuschlagen und ihre Kunden besser kennen zu lernen, herauszufinden, was sie wünschen und diese Wünsche in Produkte und Services zu verwandeln.

Im Folgenden finden sich einige Möglichkeiten, um restriktive Verfahren und Prozesse wie Einwilligung, Paywalls und Gated-Content in Chancen für strategische Kundenbeziehungen umzuwandeln:

1. Zusatznutzen bei Zustimmung

Wenn genügend Daten über Kundenwünsche und -Bedürfnisse vorliegen besteht die Möglichkeit diese Erwartungen zu übertreffen. Der Schlüssel besteht darin, dem Kunden zusätzlichen Nutzen zu liefern, wenn er bereit ist eine breite Zustimmung zu gewähren. Wenn Kunden wissen, dass sie spezielle Angebote oder Preise erhalten, wenn ihre Bestellhistorie und ihr Kundenprofil gespeichert werden kann, werden sie eher bereit sein, ihre Zustimmung zu gewähren.

2. Community bei Zustimmung

Im Dialog mit den Kunden ist es für Marketer wichtig auf spezifische Produkt- oder Dienstleistungsbedürfnisse einzugehen. Daher macht es Sinn, den möglichen Nutzen zu veranschaulichen, den ein Kunde/Interessent erhalten kann, wenn er einem fortlaufenden Dialog zustimmt und die Nutzung seiner personenbezogenen Daten gewährt. Marken könnten ihren Interessenten einen Dialogbox anzeigen, die zeigt, welche Informationen (Preisaktionen, Produktinfos, Benefits, Gewinnspiele, etc.) sie erhalten können, wenn sie ihre Zustimmung gewähren.

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3. Individuelle Paywall

Vor allem die Medienindustrie hatte schon lange vor der DSGVO mit der Monetarisierung ihrer Inhalte im Web zu kämpfen. Die neuen Standards bei der Zustimmung könnten einen Weg aufzeigen um Abomodelle für sehr spezifische Interessensgebiete oder individuellen Kombinationen von Themen zu schaffen. Traditionell funktionierte das gut bei Blogs. Anstelle einer Paywall für alle News und Inhalte könnten Nutzer ihren spezifischen News-Mix erstellen und damit qualitativ hochwertige News und Infos erhalten, die genau auf ihre Interessen zugeschnitten sind. Dies sollte auch für Marken funktionieren, die derzeit eigene Newsrooms aufstellen und ihre Kommunikation mit der Zielgruppe ausweiten.

4. Enges Targeting für breite Kommunikation

Zielgenaue Marketing-Kommunikation basiert auf einer breiten Marketing-Forschung, d.h. Datenbasis. Diese Daten werden auch in Zukunft vorliegen, inklusive Zustimmung. Es wird nicht mehr möglich sein, Retargeting auf Basis von alten Daten oder unzureichenden Cookies zu machen. Aber entsprechende Daten von Drittanbietern sind weiter verfügbar und können so in die Kommunikation eingebettet werden, dass zusätzliche Zustimmung gewährt wird.

Es gibt sicherlich noch weitere Möglichkeiten, um die DSGVO positiv zu nutzen. Den oben genannten Ideen ist aber eines gemeinsam: es werden vorhandene Daten genutzt, um einen Mehrwert für Interessenten und Kunden zu schaffen, der wiederum für weitere Zustimmung sorgt. Der Marketingplan wird sich dadurch verändern, denn Marken müssen sich wohl auf „progressive Zustimmung“ verlassen, um schrittweise weitere Berechtigungen von Kunden und Interessenten zu erhalten.